Mit den Resorts „Soneva Fushi“ und „Soneva Jani“ wurde der Barfuß-Luxus erfunden. Das Konzept aus Glamour, Öko und Wellness wird heute weltweit kopiert. Unsere Autorin buchstabiert das Inselglück von A bis Z – und warnt vor Fischen mit Kussmund.
A wie Ankommen
Ankommen und Aufatmen ist auf den Malediven ein und dasselbe. Schon der erste Atemzug gerät zum Sonnengruß. „Ganz wichtig ist die Pause zwischen dem Ein- und dem Ausatmen“, instruiert Pawan, gebürtig aus Indien, seine Morning-Breathwork-Klasse am Turtle Beach: „Weil da etwas ganz Neues passiert.“ Dazu steht er senkrecht zur Erdachse ausgerichtet auf der Matte und führt eine Übung vor, die aussieht, als ob er mit seinen Körperkräften eine Fahrstuhltür aufhalten und sie dann zwischen seinen Händen zu einem Zuckerwürfel komprimieren wollte.
B wie Barfuß-Butler
„No news, no shoes“, flüstert der persönliche Butler dem Ankömmling zu, während er ihn im Golfcar zu seiner Villa schaukelt. Er bietet Ihnen an, Ihre Schuhe für Sie bis zu Ihrer Abfahrt aufzubewahren – der erste Hinweis darauf, dass man sein stressiges Leben jetzt mal hinter sich lassen und die nackten Zehen im pudersanften, sonnenwarmen Sand baden darf.
Das Handy am besten gleich mit abgeben oder zumindest die SIM-Karte, um allenfalls noch Fotos zu machen, und genießen, dass einen niemand mehr erreichen kann. Man kann beim Butler auch ein Fotopaket runterladen mit den schönsten Speisen, den schönsten Füßen am Strand oder den schönsten Unterwassermomenten, und er postet es für Sie auf Instagram. So wie er rund um die Uhr alles arrangiert und dafür sorgt, dass es dem Gast an nichts mangelt, lautloser als sein Schatten.
C wie Charakterkopf
Das Wissen von Hotelgründer Sonu Shivdasani über die unsichtbaren, stofflichen Zusammenhänge der Welt ist grenzenlos. Der 57-jährige Brite mit indischen Wurzeln schläft wie eine Kompassnadel mit dem Kopf nach Norden, weil er glaubt, das sei gesünder. Sein Vater, ein vermögender Kaufmann und Bankier, wünschte sich eine Juristenkarriere für den Sohn mit Ausbildung in Eton und Oxford.
Der aber wollte etwas ganz anderes; nämlich seine Herkunft abstreifen und weiterkommen als Mensch. Er verliebte sich in ein schwedisches Modell, das genauso dachte. 1995 eröffneten Sonu und Eva „Soneva Fushi“ im Baa-Atoll, einem Unesco-Biosphärenreservat – das erste Hotel auf den Malediven, das Luxus und Ökologie miteinander verband, mit Spa dazu!
2016 kam „Soneva Jani“ im Noonu-Atoll hinzu. Anfangs wurde das Paar verlacht – wer will sich bitte bei 30 Grad Hitze drei Stunden lang den Sesamkönigsguss verpassen lassen oder mitten im Indischen Ozean in die Sauerstoffkammer? Heute versucht jedes Hotel auf den Malediven, es ihnen nachzumachen.
Zur Orientierung: „Soneva Fushi“ ist uriger und romantischer, „Soneva Jani“ für Gäste, die gern mit dem Privatjet landen oder mit der eigenen Yacht vorfahren möchten. Madonna war bereits Gast hier, Schauspielerin Salma Hayek und Milliardär François-Henri Pinault buchen jedes Jahr eine Wasservilla.
D wie diskret
Die Resorts sind hochdiskret und haben eine eigene Zeichensprache: Der Bitte um neue Laken etwa wird entsprochen, wenn man einen Holzstern auf dem Bett platziert. Hier braucht niemand ein „Do not disturb“-Schild – ist das Gartentor geschlossen, kommt niemand, um zu klopfen, auch nicht der Butler.
Der Gast radelt auf Flüsterreifen über Sandwege. Ab und zu sieht man einen Butler scherzend mit einem großen Wäscheballen auf dem Kopf in einen Seitenpfad oder ein Gecko rücksichtsvoll im Gebüsch verschwinden.
Alles ist gedämpft wie in einem Tonstudio, man hat nicht mal mehr ein Echo. Man wird eins mit den wedelnden Palmen und dem Grundrauschen der Natur. Das Einzige, was man immer hört – und das gerne –, ist das Singen der tollsten Vogelarten; zum Beispiel das merkwürdig rückwärts eingeatmete Pfeifen des Indischen Koels am Morgen, so als sauge er die ganze Nacht in seinen Schnabel.
E wie Essenzialismus
Essenzialismus ist das Credo: Der Gast soll sich auf das Wesentliche konzentrieren, und das auf höchstem Niveau. Wer hierher kommt, hat Geld, das muss man nicht auch noch zeigen. „Wir setzen nicht auf Statussymbole“, sagt der Hoteldirektor, „wir animieren unsere Gäste, sich die Welt über ihre Sinne zu erarbeiten.“
In Amerika nennt man das „Making Memories“: Man fährt irgendwo hin, um Erinnerungen herzustellen. „Bei uns kann man durch das größte Teleskop im Indischen Ozean das Weltall bestaunen. Oder wir servieren Ihnen ein Dinner auf einer menschenleeren Sandbank, und eine Drohne filmt Sie dabei.“
F wie Flughunde
Sobald die Sonne sinkt, übernimmt plötzlich ein anderes Völkchen die Nachtschicht: die indischen Riesen-Flughunde. Ihre Flügelspanne von 1,50 Meter ist zwar gewaltig, aber keine Angst: Sie sind keine Blutsauger, sondern Pflanzenfresser; sie fliegen nur Baumwipfel an und hängen dann dort ab wie Nosferatu im Mantel.
G wie Garten
„Soneva Fushi“ ist eine der größeren der knapp 1200 Malediven-Inseln (gut 300 sind bewohnt). Im Herzen des 1,4 Kilometer langen und 400 Meter breiten Eilands liegt ein Obst- und Gemüsegarten, aus dem sich die Küchenchefs bedienen.
„Wenn du gestern etwas abschneidest, ist es morgen schon wieder da“, erklärt der Gärtner und pustet schwitzend in seinen Pony. Korallensand ist zwar kein fruchtbarer Boden, aber durch die natürliche Kompostierung gedeiht hier eine überschäumende Natur.
H wie Hortensia
Nicht die Blumen sind gemeint, sondern die heilenden Hände von Hortensia Corredoira. Gäste, die eben noch wie krumme Bügel vor ihr standen, richten sich plötzlich wieder auf, wenn sie am Rückgrat kurbelt und Knochen zurechtruckelt. Die Osteopathin behandelt nicht nur Spa-Gäste, sondern auch Spitzensportler.
Sie empfiehlt, ganz wichtig: lesen! Das wirke geradezu lebensverlängernd: „Unsere Augenmuskeln sind mit vielen Organen verbunden. Wenn wir aber nur noch aufs Handy starren, statt die Pupillen lesend zu bewegen, schlafen wichtige Prozesse wie etwa die Verdauung ein.“
I wie Immunsystem
Es ist kein Sanatorium, aber im Gegensatz zu anderen Luxushotels stehen hier Wellness und Gesundheit im Vordergrund. High-End-Reisende wollen inzwischen mehr als nur Planschferien unter Palmen, sie wollen ihren Aufenthalt auch gesundheitlich wirksam gestalten; idealerweise nicht nur entschleunigen, sondern auch die biologische Uhr verlangsamen.
Permanente Entzündungen bedeuten Alterung, die gilt es zu heilen oder gar zu verhindern, indem das Immunsystem gestärkt wird. „Motion is Lotion“, fasst es einer der Ärzte, gebürtig aus Kalifornien, zusammen. „Es geht darum, sich besser aufzustellen, zu verjüngen, ja, regelrecht zu erneuern.“
Das Spa-Konzept vereint traditionelle Medizin mit modernen Anti-Aging-Therapien. Im Einsatz sind Heiler und Spezialisten aus der ganzen Welt, es wird an allen Parametern herumgeschraubt: Eigenblut, Stammzellen, Ozon, Oxygen, Biomodulation, intravenöse Nährstofftherapien, Kryo-Kältekammer (minus 130 Grad). Was es (noch) nicht gibt: schnippeln und raffen mit dem Skalpell.
J wie Jetlag-Therapie
Viele Gäste kommen, um überhaupt mal wieder richtig zu schlafen. Hilfreich: bis zu drei Stunden im Magnesiumbad treiben. Danach ist man hundemüde und ganz schwer. Lindert auch den Jetlag.
K wie Kulinarik
Obwohl man weit weg ist – Spitzenköche wie der Schwede Mathias Dahlgren oder der Däne Mads Refslund tischen auch mal eine reelle, vertraute Küche auf. Statt immer nur Fisch oder Buffetlandschaften, die so reich bestückt sind, dass man sich für gar nichts mehr entscheiden kann, liegt bei ihnen auch mal ein einfaches Rinder-Tartar auf dem Teller.
Ein Ayurveda-Doktor optimiert auf Wunsch die Diäten. Man isst nicht nur Salat frisch aus dem Garten, sondern im Garten. Oder tafelt in einem Baumhaus darüber wie in einem Vogelnest, umweht von sanften Inselwinden und den Düften der Kräuter, die von den Beeten heraufwehen.
L wie Lustwandeln
Goethe hat gesagt, es wandelt niemand ungestraft unter Palmen. Zum Glück gibt es auf den Malediven auch andere Bäume. Etwa den Screwpine aus der Familie der Schraubenbäume, der mit seinen langen Stelzenwurzeln aussieht, als ginge er auf Stöckelschuhen.
M wie mückenfrei
Die Asiatische Tigermücke war lange ein Riesenproblem. Jahrelang hat man die Blutsauger mit Insektiziden bekämpft, wodurch vor allem andere Insekten, aber auch Korallen und Fische starben – nur die Mücke blieb resistent. Der niederländische Insektenforscher Bart Knols stellte von Gift auf Fallen – interessanterweise aus Regensburg – um, die menschlichen Schweiß- und Atemgeruch simulieren, mittels Milchsäure und Kohlendioxid aus fermentiertem Zuckerwasser mit Hefe.
Beides lockt die Mücke aus bis zu 30 Meter Entfernung an. Sobald sie sich nähert, wird sie von einem eingebauten Ventilator eingesaugt und stirbt. 256 solcher Fallen sind auf „Soneva Fushi“ aufgestellt. Knols hofft, dass das Atoll das Erste sein wird, das total mückenfrei ist. „Komplett ohne Chemie.“
N wie nicht nähern
Sollten Sie beim Schnorcheln einen Drückerfisch sehen, lassen Sie sich von seinen vollen Kusslippen nicht täuschen – dahinter verbergen sich haifischscharfe Zähne. Mit denen zerschreddert er nicht nur Seeigel wie Kartoffelchips, sondern im Zweifelsfall auch Ihre Füße. Vor allem in der Brutzeit gilt: 15 Meter Mindestabstand!
O wie Öko
„Soneva Fushi“ wird als die Schweiz des Indischen Ozeans bezeichnet. Im Waste-to-Wealth-Center werden Getränkedosen zu Deko-Tannenbäumchen verarbeitet und verkauft, insgesamt 90 Prozent des Abfalls wiederverwertet. Beeindruckend ist die Komplettverarbeitung der Kokosnuss: Es gibt einen Wertstoffhof, dort sind sie bergeweise aufgeschüttet, um aus ihnen Seile, Heiz- und Baustoffe, Öle, Seife, sogar Wein zu machen und Pilze zu züchten.
Die Kokosnuss ist im Grunde die Kartoffel der Malediven, sie spielt eine zentrale Rolle im dortigen Leben: Während wir nur ein Wort für Kokosnuss verwenden, haben die Malediver diverse Vokabeln für verschiedene Stellen der Kokospalme und die Stadien der Frucht. „Unsere Inselwelt wäre sonst zu begriffsarm“, sagt ein Einheimischer. Und so erzählt man sich dort die tollsten Kokosnussgeschichten auf Kokosnussstühlen, während die Kokosnusslampe brennt und man Kokosnusssnacks knabbert. Wahrscheinlich wird man auch in einer Kokosnuss beerdigt.
P wie plastikfrei
Der herrlich weiße Sandstrand besteht zum Teil aus den Ausscheidungen von Papageienfischen – genauer gesagt aus Korallenpartikeln, die sie beim Algenknabbern mitgefressen haben. Angeschwemmter Plastikmüll wird täglich eingesammelt, doch neuerdings überlegt man auf den Inseln, Krähen zu engagieren, um den Strand plastikfrei zu halten.
Man orientiert sich da an einem dänischen Experiment, bei dem die klugen Vögel für die Straßenreinigung in Städten eingesetzt wurden: Dazu wurde ein Automat entwickelt, der Krähenfutter im Tausch für Zigarettenkippen ausspuckt.
Q wie Quallen
Quallen gibt es hier nicht. Man kann gefahrlos zum Baden in das türkisklare Meerwasser springen, das tagsüber blitzt wie ein beleuchteter Swimmingpool bei Nacht.
Im „Soneva Jani“ speist man abends unter freiem Himmel mit Blick auf eine riesige, ins Wasser gebaute Kinoleinwand. Dort können Sie „Die Tiefseetaucher“ von Wes Anderson schauen, mit Kopfhörer. Fische sind hoch lärmempfindlich.
R wie Robinson Crusoe
Eltern, die ihren Kindern etwas Gutes tun (und sich noch besser erholen) wollen, schicken ihren Nachwuchs für drei Nächte auf eine Abenteuerreise: Mit der Segelyacht „Soneva in Aqua“ geht es auf eine Robinson-Crusoe-Insel, wo sie wichtige Überlebensstrategien erlernen, zum Beispiel wie man Salzwasser trinkbar macht.
Mit einem Metalldetektor können sie nach der Schatzkiste der „Corbin“ suchen, einem französischen Schiff, das dort 1602 an einem Riff zerschellte. Der wahre Schatz, auch das lernen die Abenteurer auf dieser Reise für rund 2500 Euro, sind ihre Erinnerungen.
S wie Schokolade
Für alle, die sich mal nach einer Sünde sehnen, gibt es eine begehbare Schokoladenskulptur, den Chocolate Room. Zugreifen erwünscht, das hebt den Dopaminspiegel und macht gute Laune. Es locken auch eigene Räume für Brot-, Käse-, Obst- und Eiscreme-Spezialitäten.
T wie Tropenbaden
Über Hängebrücken und Holzstege läuft man barfuß durch den Dschungel. Patsch-patsch-patsch macht es auf den Planken – das ist die Musik der Malediven.
Darüber strahlt mal goldrosa und mal quietschblau der Himmel, während kleine Flöckchenwolken schwerelos dahinschweben.
U wie Uhrzeit
Punkt sechs Uhr ist es dunkel, gegen 22 Uhr ist Sperrstunde. Clubleben heißt hier: Man geht ins Bett. Oder man zentriert sich am Strand beim Blick auf das endlose Meer.
V wie viel Holz
Die Architektur wirkt ein bisschen wie von Kindern geknetet: viel Holz in organischen Formen mit psychedelischen, leicht Steinerschen Einflüssen, etwa die einem Pilz nachempfundene Bar „Out of the Blue“. Spiegel wurden der Feng-Shui-Lehre entsprechend aufgestellt, das soll böse Geister abschrecken und Energieflüsse richtig leiten.
Eva Shivdasani verantwortet das komplette Design-Konzept der Hotels, bis hin zum Geschirr. Ihr Ehemann erklärte es einmal so: „Der einzige Kunststoff, den sie akzeptiert, sind die Kreditkarten der Gäste“.
W wie Wasserschildkröte
Wer ein watschelndes Schildkrötenbaby sieht: bitte nicht anfassen oder ins Wasser setzen. Es muss seinen Weg selbst gehen, um ihn sich einzuprägen. Aus 1000 Eiern überlebt im Schnitt nur eine fortpflanzungsfähige Schildkröte, die später zu ihrem Geburtsort zurückkehrt, um dann dort selbst wieder Eier zu legen.
Z wie Zip-Line
Mit dem Tarzan-Taxi ins Dschungelrestaurant zu sausen ist schon irre! 200 Meter schwebt man mit einer Hängeseilbahn auf eine Plattform über den Baumkronen. Wer Höhenangst hat, lernt spätestens hier, sich endlich einmal fallen zu lassen.
Tipps und Informationen:
Anreise: Zum Beispiel nonstop mit Condor oder Lufthansa nach Male, Umsteigeverbindungen bieten Qatar Airways via Doha oder Emirates via Dubai.
Wellnessurlaub: RTC Rose Travel bietet beispielsweise sieben Nächte im „Soneva Fushi“ in einer Villa mit Pool, inklusive Halbpension, Flügen und Transfer per Wasserflugzeug zum Resort im Baa-Atoll; es sind auch andere Resorts buchbar, rosetravel.de, soneva.com.
Wer Cluburlaub schätzt, wird fündig im „Robinson Maldives“ im Gaaf-Alif-Atoll.
Weitere Infos: visitmaldives.com
Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Soneva Resorts und RTC Rose Travel. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.com/de/werte/downloads.
Dieser Artikel wurde erstmals im Dezember 2022 veröffentlicht.