Gregoris Pyrpylis von Hermès Beauty über Schönheitsideale

Gregoris Pyrpylis entdeckte aus einer Laune heraus als Student in Athen Make-up. Heute ist er Kreativdirektor von Hermès in Paris. Ein Gespräch über Schönheitsideale hier und dort, damals und heute.

Herr Pyrpylis, Sie wuchsen in Griechenland in einer Apothekerfamilie auf und studierten Englisch, bevor Sie an einem Samstagabend plötzlich beschlossen, Make-up-Artist zu werden, nachdem Sie „just for fun“ eine Freundin aus dem Studium geschminkt hatten. Heute sind Sie Kreativdirektor von Hermès Beauty. Gab es vorher irgendwelche Anzeichen dafür, dass Sie eines Tages diesen Weg einschlagen würden?

Ich habe als Kind sehr gerne gemalt, aber ich hätte mir nie vorstellen können, einmal Makeup als Ausdrucksmittel zu benutzen. Ich kannte mich damit überhaupt nicht aus. Ich erinnere mich noch, dass meine Freundin mir damals erklären musste, was ein Lippenstift ist. Ich benutzte einen beigefarbenen Nude-Ton und trug ihn auch als Lidschatten auf, um der Haut mehr Feuchtigkeit zu verleihen und sie lebendiger wirken zu lassen. Ich hatte keine Ahnung, was ich da tat, aber es funktionierte. Am Ende sah es ziemlich natürlich aus, nur durch ein wenig Wimperntusche betont.

Ist das für Sie noch immer ein gutes Make-up?

Das mag jetzt sehr psychologisch klingen, aber meiner Meinung nach sollte Make-up immer eine Form der Wahrheit sprechen oder zumindest eine Verbindung zu unserem Gemütszustand herstellen, sonst wirkt es wie eine Maske. Man muss sich zuhören und ehrlich mit sich sein, wenn es darum geht, sich zu schminken. Wenn ich mir heute meine Bilder von damals ansehe, verstehe ich, wie ich mich damals gefühlt habe, es spiegelt sich in den Farben wider, die ich benutzt habe. Ich finde das unglaublich interessant. In letzter Zeit ist mir zum Beispiel aufgefallen, dass ich mehr Blau als sonst trage. Als ich darüber nachgedacht habe, fiel mir auf, dass ich seit fast einem Jahr nicht mehr zu Hause war. Ich bin mit dem blauen Himmel Griechenlands aufgewachsen. Ich glaube, dass ich unbewusst die Farbe Blau trage, weil ich mein Heimatland vermisse.

Wie wird Ihre Arbeit von den Schönheitsidealen Ihrer Heimat beeinflusst? Tragen die Menschen dort ein anderes Make-up als in Frankreich?

Es sind zwei völlig verschiedene Welten. Das erklärt sich schon durch die geographische Lage. Griechenland befindet sich zwischen Europa und dem Nahen Osten. Die Griechinnen bevorzugen eine leichtere Grundierung, sie lassen Licht an die Haut, aber ansonsten darf das Make-up ruhig kräftiger sein. Die Frauen geben den Augen mehr Intensität, auch die Lippen werden betont. Das absolut natürliche Make-up, wie man es von Französinnen kennt, existiert in Griechenland nicht. Zumindest existierte es nicht zu meiner Zeit.

Hat sich Ihre Vorstellung von Schönheit verändert, als Sie nach Frankreich kamen?

Am Anfang musste ich mich ein wenig finden. Zu dieser Zeit begann ich in der Modebranche zu arbeiten, mit großen Fotografen und Designern, als Make-up-Artist-Assistent bei allen möglichen Modenschauen. Es ging vor allem darum, professionell und schnell zu sein. Heute versuche ich, in meine Arbeit eine gewisse Intensität zu bringen, ohne dass es zu offensichtlich ist. Ich würde sagen, dass meine Vision von natürlicher Schönheit sowohl von Griechenland als auch von Frankreich beeinflusst wurde.

Was bedeutet natürlich für Sie?

Wenn ich von natürlichem Make-up spreche, meine ich damit nicht unbedingt, dass man nur ein bisschen Hautcreme, Concealer und Mascara benutzen darf. „Natürlich“ bedeutet für mich, dass das Make-up im Einklang mit der Persönlichkeit steht. Es gibt Frauen, die sowohl die Augen betonen, als auch eine intensive Farbe auf die Lippen auftragen. Es entspricht ihrer Art zu sein, wie sie sich selbst sehen oder wie sie sein wollen. Das ist der Punkt, an dem es für mich ehrlich und somit natürlich wird.

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